Der Schaffhauser Mundartsänger Christoph Bürgin veröffentlicht Ende Oktober ein neues Album mit dem Titel «Jäger und Sammler». In der SHf-Sendung «Hüt im Gschpröch» erzählt er unter anderem, was darauf zu hören ist, warum es ein Buch dabei hat und wo er in mit seinen Liedern demnächst live zu hören sein wird.
Die Schaffhauser Künstlerin Linda Graedel und der Musiker Thomas Silvestri gehen neue Wege und fesselten das Publikum im Rahmen des Projekts «Kulturdigital» via Livestream mit Jazz-Painting.
von Jurga Wüger
Die Malerin Linda Graedel und der Jazzpianist Thomas Silvestri aus Schaffhausen sind seit Jahren befreundet und wollten in der Corona-Quarantäne-Zeit ein neues Projekt, inspiriert vom Projekt «Kulturdigital» vom Kulturraum Schaffhausen, wagen. Am vergangenen Donnerstag war es soweit. Kurz vor 20 Uhr hiess es bei den Zuschauerinnen und Zuschauern zu Hause: Computer starten, die Facebook-Seite von Kulturraum Schaffhausen aufrufen und warten, bis es losgeht. Vier Minuten vor 20 Uhr füllte sich der virtuelle Raum mit 32 Zuschauerinnen und Zuschauern. Das konnte jeder in der linken Ecke des Bildschirms mitverfolgen. Doch bevor es an den Start gehen konnte, kam es zu einer technischen Panne. Schnelle Reaktion mit sich Neu-Einwählen war angesagt, wenn man die Begrüssung von Thomas Silvestri noch erleben wollte. Auf seinem Klavier stand ein weiterer Bildschirm. Hier waren ein weisses Blatt Papier und die malenden Hände von Linda Graedel zu sehen. Mit Stücken wie «A Gentle Smile», «Thinking of Monk» oder «Ballad of Hope» packte Thomas Silvestri das Publikum. Bravo-Rufe und klatschende Emoji-Hände füllten den Chat. «Travelling mit den Fingern auf den Tasten ist noch erlaubt», schrieb Katharina Furrer.
In 20 Minuten fünf Zeichnungen
Im Livestream auf Facebook spielte der Pianist weitere Stücke, vier davon waren Eigenkompositionen. Die Künstlerin Linda Graedel liess sich von seiner Musik inspirieren und überführte die Töne in Farben und Formen. Dabei entstanden in 20 Minuten fünf energiegeladene und filigrane Zeichnungen. Die Jazzstücke wie auch die Zeichnungen haben keinen direkten Bezug zum Coronavirus. «Die Corona-Krise fliesst nicht in meine Musik», so Silvestri. Für die Zeichnerin Linda Graedel bestand die grösste Herausforderung darin, für jedes Stück, das Thomas Silvestri spielte, die passende Maltechnik zu finden. «Ich wählte verschiedene Papiere, Kreide, Blei, flüssiges Öl und Wachs, um gut vorbereitet zu sein. Wie für eine Operation. Diese Herausforderung – es ging alles sehr schnell – hat mir grossen Spass gemacht. Die Musik von Thomas ist inspirierend. Ich freue mich sehr, dass wir dies trotz der Quarantäne gemeinsam erleben konnten.»
Kunstschaffende räumlich getrennt
Die grösste Schwierigkeit des Auftritts war technischer Natur. Die beiden Kunstschaffenden durften sich nämlich nicht im gleichen Raum aufhalten. «Wir haben getüftelt und lange überlegt, wie wir das technisch umsetzten können», sagt Silvestri. Er schätzt das Projekt vom Kulturraum Schaffhausen als «eine schöne Abwechslung und eine gute Möglichkeit für Kulturschaffende, präsent zu bleiben». Zudem kann der Auftritt beliebig oft angeschaut werden. Und erst noch, ohne dass Eintritt bezahlt werden muss. Wer trotzdem ein «Ticket» aus Solidarität kaufen möchte, kann dies aus freien Stücken auf der Internetseite https://kulturraum.sh tun. Der gesammelte Spendenbetrag wird unter den Kulturschaffenden aufgeteilt, die sich für einen Livestream angemeldet haben.
Zusagen für die kommende Woche
Ideengeberin für «Kultur digital» und Projektleiterin des Kulturraums Schaffhausen ist Afrodite Gatzka von der Kulturförderung Schaffhausen. «Als plötzlich alle Veranstaltungen abgesagt wurden», sagt sie, «mussten wir uns etwas Neues einfallen lassen. Etwas mit wenig Aufwand für alle Beteiligten.» Die Plattform Kulturraum Schaffhausen bietet mit dem Projekt «Kulturdigital» den Kunstschaffenden der Region Schaffhausen eine Auftrittsmöglichkeit, die überdies mit 300 Franken vergütet wird. Der Kanton und die Stadt Schaffhausen beteiligen sich mit je 150 Franken daran. Die Auftritte dauern mindestens zehn Minuten. Die meisten von ihnen bringen es auf rund 30 Minuten. Afrodite Gatzka freut sich: «Bis jetzt läuft es super. Wir haben schon Zusagen für die kommende Woche.»
Anhaltend gute Laune bekommen
Gestartet wurde dieses Projekt vor neun Tagen mit einer Lesung des Krimiautors und Regisseurs Walter Millns aus Schaffhausen. Er sagt: «Das war neu für mich und hat mir sehr gut gefallen. Während der ersten paar Worte der Lesung dachte ich noch, mir fehle der direkte Kontakt zum Publikum. Dem war aber nicht so. Es hat einfach Spass gemacht. Und danach hatte ich eine anhaltend gute Laune.» Auch der Mundart-Liedermacher Christoph Bürgin hat bereits ein Konzert gegeben. Wie auch der Pianist Joscha Schraff begeisterte er sein virtuelles Publikum. Und am 1. April wurde es dann sogar «magisch» mit dem Zauberer Lorios.
Einen gewissen Charme
Dass Kultur aus dem Internet einen gewissen Charme hat, bestätigt auch der Kulturbeauftragte der Stadt Schaffhausen, Jens Lampater. Er steht, wie auch Stadtrat Raphaël Rohner, «voll und ganz» hinter diesem Projekt des Kulturraums Schaffhausen.
Und obwohl es gewöhnungsbedürftig ist, mit klatschenden Emoji-Händen statt mit tosendem Applaus für den Auftritt zu danken, überzeugen die Schaffhauser Kunstschaffenden mit diesen Auftritten auf Facebook sowie mit der Bereitschaft, neue Wege zu gehen. Für heute ist ein Konzert des Musikers Matthias Meier in der Fassbeiz angekündigt: Zeit zum Einschalten ist um 20 Uhr.
Einen herzlichen Dank an die Rheinzeitung für den Artikel über das Sagokonzert.
Dort bin ich als Christoph Bürgin aufgetreten, und nicht als Heiler, Reiki-Meister oder Physiognom … und schon gar nicht als Christoph Bürger. Schön war es trotzdem!
Danke Folk News für diese tolle Kritik. Veröffentlicht am von Folkaholix. Ich freue mich sehr darüber!
Nach seinem 2015er Solo-Debüt „Chömmer So Lo“ legt Christoph Bürgin 2019 mit „19:57“ und unverändert in „Schaffhauser Mundart“ nach. In zwölf Titeln präsentieren sich Bürgin und seine Musiker deutlich melodischer und ausgewogener als auf dem vorhergehenden Silberling. Obgleich mit Piano, Keys, Hammond, Schlagzeug und Bass sowie Perkussion über weite Strecken wenig folkloristisch besetzt, überrascht „19:57“ mit einer Vielzahl unterschiedlichster stilistischer Einflüsse.
Chliischtadt zeigt sich beispielsweise zwischen Jazz- und Blueseinflüssen fernwehsüchtelndverträumt, gibt sich sequentiell Elementen des Kitsch‘ hin und offenbart dennoch immer wieder klare Passagen, in denen sich – fernab von allen Textverständnisproblemen – Inhalt und Musik fest umwirkend präsentieren. Guet Nacht eröffnet spieluhren, bricht aber die anheimelnde Beliebigkeit durch strahlenden Optimismus. Indes die gebrochenen Dreiklänge der Spieluhr unerbittlich Takt um Takt durchlaufen, kommen Schlagzeug, Gitarre, Gesang und Piano hinzu, die Bürgins Gesang unglaublich unbeschwert durch die Strophen und Kehrreime tragen. Wer in dieser Stimmung einschläft, bedarf keines Traumfängers und wird sich aller kommenden Tage erfreuen. Das Stück atmet Optimismus.
Im Trüebe fische eröffnet die 50 Minuten irgendwo zwischen Funk und Pop, bejahender Zugewandtheit und bisweilen lautmalerischen Lalalalas. „19:57“ übertrifft seinen Vorgänger deutlich und ist – selbst für Menschen, die keinen Fetisch für Mundart haben – ein besonderes Juwel musikalischer Vielfalt, vor allem aber der Beweis dafür, dass Musik strahlend zugewandt und bejahend sein kann, ohne dabei dem Klischee anheim zu fallen. Eine Hommage an das Leben.
Es ist eine Hitparade der besonderen Art, die deutsche «Liederbestenliste».
Genau dorthin haben zwei Schaffhauser den Sprung geschafft. Christoph
Bürgins Lied «Anna Wirthin» über eine 1653 hingerichtete Hexe aus der CD
«19:57» ist auf der Mai-Liste, und auch Sonix aus Hallau rangiert dort mit
«Der Reigen» aus dem Album «Zwischen hier und jetzt». Die Liste wird monatlich
von Experten aus Deutschland, Österreich, Belgien und der Schweiz
erstellt. Die Schaffhauser befinden sich da in guter Gesellschaft von
«Element of Crime» oder Konstantin Wecker, Dodo Hug & Band oder
Ringsgwandl u. a. (efr.)
(Eigenverlag) mit schwyzerdt. u. standarddt. Texten u. Infos
Lieder in Schaffhauser Mundart. Für die Ohren des 600 Kilometer rheinabwärts lebenden Rezensenten hören sie sich zunächst einfach alemannisch oder schwyzerdütsch an: „Pack schnäll zäme, ich wett mit dir an See.“ Die erste Zeile des Albums führt zu einem Angelausflug auf den See, um sich vom alltäglichen Betongucken zu erholen. Wasser in Form von Seen, Flüssen, Regen und Meer kommt in vielen Liedern vor, wobei für letzteres die Schweiz verlassen wird, mal nach Italien, mal nach Irland. Das gilt auch für die bedienten Musikstile, die sich aus Rock und Pop, Jazz und Blues, italienischem und irischem Folk, deutscher Liedermacherei und englischem Singer/Songwriting bedienen und einen vollen Bandsound bilden. Ob Schlagzeug oder Klavier, Gitarre oder Kalimba, Uilleann Pipes oder Schweizer Sackpfeife, alles harmoniert miteinander, baut Spannungen auf, entspannt sich wieder und bildet so einen mal fröhlichen, mal dramatischen Klangteppich für die Geschichten, die Bürgin erzählt. Sie handeln unter anderem von einer „Schturmwaarnig“, vom Leben in einer „Chliischtadt“, von „Wolke und Schtäi“ in Irland oder historisch von der 1653 in Schaffhausen der Hexerei angeklagten „Anna Wirthin“. Ein großartiges Album! Michael A. Schmiedel
«Es ging alles total schnell. Ich bin in Süditalien in den Ferien gewesen. Da kam es fast wie Heimweh über mich: Wie wäre es jetzt im Weidling auf dem Rhein? Und blitzartig war das Lied ‹Fischerboot› da», erzählte Christoph Bürgin entspannt und fröhlich nach seinem gelungenen Konzert am Samstag. Ganz anders sei es gewesen beim Song «Anna Wirthin». «Diesen trödelte ich zwei Jahre vor mir her, setzte mich ins Stadtarchiv und wollte alles wissen, was über die Hexe zu erfahren war.»
Die Zuhörer sollen … zuhören
Bürgin fischt in seinen Texten im Trüben, findet es «scho no schaad», dass er sie nicht nach ihrem Namen fragte, singt von «Luscht und Liäbi», lässt es aber in «Sturmwaarnig« auch «dusse düschter» werden, denn: «… händ vil zlang züüslet und Grümpel verbrännt». So dramatisch oder tiefgründig die Texte auch sein mögen, die Musik kommt stets sanft, ja fast lieblich daher. Sogar in «Sie schlönd de Sack und mäined de Esel»: Da denkt Bürgin an die «Sparpolitiker», wenn er singt: «Si prediged Wasser und suufed min Wii.»
Die harmonische Musik kommt nicht von ungefähr, denn der Liedermacher möchte, dass die Texte von den Zuhörern bewusst gehört werden. Mark Koch sass am Flügel, Heidi Moll zupfte den Bass und Peter Fischer schlug die Drums. Bösch steht mit der Gitarre im Zentrum des Geschehens. Spielt er nicht solo, geniesst er es, sich von der ihn umgebenden Musik tragen zu lassen. «So wird schön gleichmässig gespielt, nicht zu schnell und nicht zu langsam.» Viele der Songs «entdeckt» Der Musiker beim «Gitärrelen», wie er sagt. Manchmal ist es eine Geschichte, die ihn fasziniert, wie die der Schaffhauser Hexe im 17. Jahrhundert, oder auch ein schöner Moment an einem schönen Ort wie zum Beispiel am Rhein. Dann bekomme das gewählte Thema eine Farbe, die sich durchzieht durch ein ganzes Lied.
Schöner Clip zur neuen CD
Wie auf die Leinwand gehaucht zeigten sich die Fantasien vom Rhein im Videoclip zur neuen CD. Dieser beeindruckende Wurf, der wunderbar harmoniert mit Bürgins Fischerboot-Song, gelang den Eclipse Studios. Streicht man die beiden Punkte im Namen «19:57» der neuen CD, erhält man genau die Zahl, die auch im Pass des Neuhauser Liedermachers zu finden ist.
Bürgin fand grossen Gefallen am Publikum, das praktisch alle Stühle im Saal besetzte, und dieses wiederum fand Gefallen am schönen Liederabend im Zunftsaal in der Oberstadt. Und so endete das runde Konzert denn auch mit einem lang anhaltenden, warmen Applaus.
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